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Die Geschichte der Sklaverei gehört auch dazu.

 Natürlich gehört die Geschichte der Sklaverei dazu wie jede Geschichte. Auf der „Nordamerikanischen Konferenz für Systemaufstellungen 2017“ in Virginia Beach Anfang Oktober diesen Jahres wurde in mehreren Workshops deutlich, welch weitreichende Auswirkungen die Sklaverei immer noch auf die Bevölkerung der Vereinigten Staaten und anderer Länder haben.

Hier kurz die Fakten:

„Vom 16. bis zum 19. Jahrhundert wurden rund 29 Millionen Schwarzafrikaner als Sklaven verschleppt, nach Amerika und Arabien. Mindestens 12 Millionen wurden von europäischen Kolonialmächten (England, Spanien, Portugal, Niederlande, Frankreich) über den Atlantik deportiert, um auf Baumwoll- und Tabakplantagen oder im Bergbau als Sklaven zu arbeiten. Die Sterblichkeitsrate während der Überfahrt lag bei 10-20 Prozent. Drei Viertel der Verschleppten stammten aus Westafrika, ein Viertel kam aus Zentral- und Südwestafrika. Der Preis für einen Sklaven betrug etwa den zweifachen Monatslohn eines europäischen Arbeiters. 1619 kamen die ersten Sklaven in die englischen Kolonien Nordamerikas. 1776, im Jahr der Unabhängigkeitserklärung der USA, lebten 567 000 Schwarze im Land, 20 Prozent der Bevölkerung. Ihre Ausbeutung war in den Südstaaten die Grundlage der Wirtschaft. Heute stellen die 35 Millionen Afroamerikaner 12 Prozent der Einwohner. Endgültig abgeschafft wurde die Sklaverei in den USA erst 1865. Etwa 17 Millionen Schwarze wurden von muslimischen Sklavenhändlern nach Nordafrika und in den Nahen Osten verschleppt. Dort hielt sich die Sklaverei bis ins 20. Jahrhundert, in Saudi-Arabien bis 1963.“
(Quelle: Sönke Krüger, Welt-Online vom 20.5.2007)

Das Drama und das Trauma der Sklaverei lastet immer noch auf den Nachkommen der versklavten Menschen wie auch der Nachkommen der Sklavenjäger, Sklavenhändler und Sklavenhalter. Mit anderen Worten, die seelische Belastung sowohl der farbigen wie auch der weißen Bevölkerung der Vereinigten Staaten von Amerika ist groß. Ich nehme an, daß das auch in allen anderen betroffenen Ländern so ist.

Die Symptome sind Depressionen, Ängste, chronische körperliche Schmerzen, schwere Störungen der Paarbeziehungen bis hin zur Beziehungsunfähigkeit, Erfolglosigkeit im Beruf und vieles mehr. Die traumatischen Ursachen sind den Betroffenen meist nicht bewußt. Sie wissen nichts davon. Um zu überleben, haben schon ihre Vorfahren versucht, die schreckliche Vergangenheit zu vergessen.

Das Trauma der afrikanischen Sklaven begann in ihren Dörfern in Afrika. Die oft arabischen Sklavenjäger fielen in die Dörfer ein, nahmen die jungen, kräftigen Menschen gefangen und ermordeten alle anderen, um keine Zeugen für ihr Verbrechen zu haben.

Sklavenjagd

An einem einzigen Tag verloren die Menschen ihre Angehörigen, ihre Heimat und ihre Freiheit. Alle zusätzlichen Leiden und Demütigungen über Generationen gehören ebenfalls zum Hintergrund der meisten farbigen Bürger Nordamerikas. Gleichzeitig wurde die Last der weißen Schuldigen und Nutznießer unbewußt an ihre Nachfahren weitergegeben, die ebenfalls an Symptomen leiden und sich des Hintergrunds ihrer Leiden auch nicht bewußt sind.

Die Erkenntnis über diese verborgene Wahrheit ist der erste Schritt zur Heilung. Sie beginnt auf der persönlichen Ebene jedes Beteiligten und kann auf kollektiver Ebene durch öffentliche Rituale weitergeführt werden. Lesen Sie dazu auch das Skript meiner Rede „Kollektive Heilung“, die ich am 7.10.17 auf der Konferenz in Virginia Beach gehalten habe.

Ich bin davon überzeugt, daß Heilung auf persönlicher und auf kollektiver Ebene möglich ist. Die systemische Aufstellungsarbeit spielt dabei eine wichtige Rolle und wird durch energetisch-schamanische Heilmethoden wie „Healing voices“ unterstützt.

Afrikanisches Dorf

Durch das Gespräch mit Nachfahren versklavter Menschen und durch systemische Aufstellungen zu diesem Thema wurde mir klar, wie wichtig der Kontakt zu den Wurzeln in Afrika für diese Menschen ist. Ein wichtiges Element auf dem Weg zur Heilung könnte eine Reise zurück in ihr Dorf in Afrika oder zumindest in den Landstrich dort sein, unterstützt durch Rituale aus ihrer Kultur. Vielleicht könnten sie dann als auch innerlich freie Menschen wieder nach Amerika zurückkehren.

Empfohlene Übung:

Für Nachfahren versklavter Menschen:
Kehren Sie zurück in die Gegend, in der das Dorf Ihrer Vorfahren lag und erleben Sie dort heilende Rituale aus Ihrer angestammten Kultur

Für Nachfahren von Sklavenjägern, Sklavenhändlern und Sklavenhaltern:
Schauen Sie auf dunkelhäutige Menschen auf Augenhöhe. Betrachten Sie sie als Brüder und Schwestern. Entschuldigen Sie sich dafür, was Ihre Vorfahren deren Vorfahren angetan haben. Leisten Sie Wiedergutmachung.

Für alle anderen:
Schauen Sie alle Menschen, egal welcher Hautfarbe oder Herkunft, als Brüder und Schwestern an, als Mitglieder derselben Menschenfamilie. Etablieren Sie die Menschheit als Ihre Nation.

Ihr

Karl-Heinz Rauscher
www.dr-rauscher.de

4 Kommentare »

  1. Ein kleines Gedicht über die kaum aufgearbeitete leidvolle Geschichte der Schwarzen in den Vereinigten Staaten:

    BLACK LIVES DIDN’T MATTER

    In Ketten gelegt aus Eisen,
    Rechtlose Sklaven der Weißen;
    So kamen sie dereinst ins Land,
    Auch Gottes eigenes genannt.

    Es folgten Jahre harter Fron,
    Schläge und Tritte nur der Lohn;
    Jahrhunderte bitteres Leid,
    Kein Gott sie je daraus befreit.

    Ein Sklavenleben galt nicht viel,
    Der Profit war oberstes Ziel.
    Das Geschäft der Weißen lief gut,
    Schwarze Sklaven zahlten mit Blut.

    Ein Krieg erst konnt‘ sie erretten,
    Nun endlich fielen die Ketten;
    Doch in den Köpfen die Mauern
    Sollten lang noch überdauern.

    Mit Lynchjustiz und Ku-Klux-Klan
    Reagierte der weiße Mann;
    Die Rassentrennung propagiert,
    Wurden Farbige attackiert.

    Es brauchte viele Gefechte,
    Bis kamen die Bürgerrechte.
    Wenn sie auch gewaltig wanken,
    Noch stehen die Rassenschranken.

    Rainer Kirmse , Altenburg

    Herzliche Grüße aus Thüringen

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  2. Hallo, Herr Dr. Rauscher, habe grad ihre SEITE entdeckt u freue mich sehr, arbeite auch mit Aufstellungen u.a.auch globale Themen. Vor etwa 3 Jahren habe ich auf einem Voicecamp im Wendland erlebt, wie tief das Thema der Sklaverei heute noch in den Nachfahren verankert ist: mit unserem Chorleiter, einem farbiger Opernsänger aus England sangen wir Gospel, die alte Musik der Sklaven. Wir hatten ein sehr eindrucks- und anspruchsvolles Stück über mehrere Tage eingeübt und trugen es auf einem Konzert vor, es war eine besondere Stimmung und eine Schwere da in der Luft, eine Traurigkeit wie aus Blei, eine Hoffnungslosigkeit ungeahnten Ausmasses… und unser Lehrer bekam so etwas wie einen Nervenzusammenbruch, er brach körperlich zusammen und weinte. Ein gestandener und vielgefragter Sänger, ein außergewöhnlicher Lehrer, der auch Versöhnungsprojekte in Amerika durchführt… Das hat mich und uns alle sehr berührt. – Die Wirkung dieser grausamen Geschichte hält bis heute an…so wie alles anhält , was wir nicht heilen. Vielen Dank für Ihre Arbeit.
    Menschen wie Sie braucht die Welt.
    Herzliche Grüße!
    Martina Kämmerer

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